Vergänglichkeit
In unserer modernen Welt wird das Thema Vergänglichkeit grundsätzlich verdrängt. So ist es nicht verwunderlich, dass der „Tod“ mit großem Unbehagen und Furcht behaftet ist. Je mehr wir ihn aber ignorieren, desto größer ist die Angst und Unsicherheit. Und je mehr wir versuchen, davon zu fliehen, desto überwältigender werden diese Gefühle. Wenn wir dann mit dem eigenen Sterben konfrontiert sind, bricht ein tiefer Prozess aus. Und genau in der Begleitung dieser Prozesse setzt die Sterbebegleitung an.
„Mit bedingungsloser Liebe und einer aufgeklärten Vision vom Sterben kann der Tod eine friedvolle, ja verwandelnde Erfahrung sein.“
… so sieht es Elisabeth Kübler-Ross, Schweizer Ärztin und Sterbeforscherin.
Sinn im Leben und im Tod finden
Die essentielle Bedeutsamkeit einer Begleitung von sterbenden Kindern und Erwachsenen trifft meiner Meinung nach auch eine Aussage von Frank Ostaseski vom Zen-Hospice San Francisco:
„Sterben ist nicht vorrangig ein medizinisches Ereignis und wir müssen damit aufhören, es als solches zu behandeln. Es ist viel mehr ein Thema von Beziehungen. Beziehung zu uns selbst, zu denen, die wir lieben. Zu Gott oder wie auch immer unser Bild von der letztendlichen Güte im Leben aussieht.“
Und genau wie er sehe ich meine Arbeit als Sterbebegleiterin im Wesentlichen darin, diese Beziehungen anzusprechen und zu unterstützen. Im Sterbeprozess verabschieden wir uns von unserem „kleinen Geist“, um Raum für den „großen Geist“ zu schaffen. Dort erkennen wir, wie wir in unserem Leben mit unserem Selbst in Kontakt waren und damit umgegangen sind, wie wir gelebt, was wir erreicht haben.
Menschen im Sterben haben nachweislich neben den körperlichen auch seelische und spirituelle Schmerzen, die z.B. auf eine ausgebliebene Versöhnung oder im Allgemeinen auf ein unruhiges Gewissen und Schuldgefühle zurückzuführen sind. Zweifel kommen auf, ob das alles überhaupt stimmt, an was man bisher geglaubt hat. Sie verlieren die spirituelle Verankerung, fühlen sich von Gott und der Welt verlassen.
Eine heilsame Sterbebegleitung gibt den Raum, um in Achtsamkeit, mit Mitgefühl und Empathie über diese Schmerzen und Ängste zu reflektieren. Das tiefe Vertrauen in den Sterbeprozess wird gestärkt, damit sich ein innerer Frieden ausbreiten kann.
Kinder und der Tod
Kinder haben einen sehr natürlichen Zugang zum Tod. Dies bezeugen u.a. die unglaublich tiefgründigen Gedanken und Zeichnungen, die sterbende Kinder äußern bzw. gestalten. Doch auch Kinder können sich im Sterbeprozess oft sehr einsam und allein fühlen. Der Schmerz für Familie und Angehörige ist oft zu mächtig und kaum zu ertragen. Sie sind von ihrer eigenen Trauer überwältigt. Die Kinder spüren diesen Schmerz und möchten den Eltern nicht noch mehr auflasten, sondern sie beschützen. Eine einfühlsame Sterbebegleitung hilft dem Kind und bildet eine wertvolle Stütze, um das Leid und die Angst auszuhalten.
Die Abschiedsfeier
Gemeinsam mit dem Sterbenden möchte ich über die ganz persönlichen Wünsche der Abschiedsfeier sprechen und diese planen. Ein Fest, – und ich sage bewusst Fest- das Raum für die grenzenlose Liebe schafft und tiefste Verbundenheit zulässt.
Am Ende unseres Lebens ist die Liebe die allerstärkste Kraft, das sowohl für den Sterbenden als auch für die Angehörigen heilsam ist!